Kennen Sie das? Ihre Auftraggeber fragen nach dem aktuellen Projektstand und in diesem Moment wird Ihnen bewusst, dass ihr Projekt feststeckt – „stuck state“. Es geht einfach nicht voran und schon bald steht ein wichtiger Termin an, zu dem die Auftraggeber eine innovative Lösung erwarten. Bei der Planung sind Sie von anderen Voraussetzungen ausgegangen. Ihre vielen externen Partner scheinen nicht rechtzeitig zu liefern. Die Teams sind unzufrieden und zu allem Überfluss verlieren die Auftraggeber das Vertrauen in Sie. „Unser Projekt wird immer komplizierter. Oder ist es doch komplex?“
Spätestens in solchen Momenten wird er gerufen: Heinz Erretkamps – Mister agilean. Seine Mission formuliert er so: „Getting projects done – wir unterstützen Menschen, ihre Projekte fertig zu bringen.“
agilean – mehr als eine hybride Projektmanagement-Methode
Immer dann, wenn Projekte komplex werden, sind Erwartungen und Rahmenbedingungen nicht vorhersagbar. Die Produktvision hat eine bestimmte Unschärfe und lässt damit Freiraum für innovative Ansätze. Klassische Vorgehensweisen zur Projektbearbeitung und -steuerung versagen. Schnell entsteht Unzufriedenheit auf Seiten der Teams, der Projektleitung und später beim Kunden.
Und es geht auch anders: Der agilean-Ansatz verbindet unter anderem agiles Arbeiten mit lean-Elementen zur Steuerung der Kundenfokussierung und des Werteflusses. Aus diesen beiden Konzepten ist der Name „agilean“ entstanden. Das, was in der Softwareentwicklung längst etabliert ist, findet in dieser Form seit etwa 10 Jahren Anwendung in der mechatronischen Produktentwicklung.
Dabei ist agilean ein holistischer Ansatz, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt (vgl. Abbildung „Das große Ganze“). Denn es sind die Menschen, die Produkte und Dienstleistungen für Menschen entwickeln. Das Fundament selbstorganisierter Zusammenarbeit in agilean Teams ist ein gemeinsames Menschenbild, bei dem vorausgesetzt wird, dass jeder von Natur aus leistungsbereit und intrinsisch motiviert ist (In Anlehnung an die „Theorie Y“ von D. McGregor).
Wozu? Wozu machen wir, was wir machen?
Diese Frage wirkt Wunder. Simon Sinek hat das vor Jahren in seinem Vortrag „Start with why – how great leaders inspire action“ genutzt. Im Zentrum seines „Golden Circles“ steht das „Why“. Anders als bei dem deutschen Wort „Warum“ geht es hier um den Sinn. Die Frage nach dem „Wozu“ trifft es deshalb im Deutschen genauer. Sie bezieht sich auf den Sinn. Nur wenn Menschen einen Sinn, ein passendes „Wozu“ haben, können sie sich im oben genannten Sinne, „aus sich selbst heraus“ engagieren. Nur dann fällt ihnen Zusammenarbeit leicht. Auf diese Weise entstehen Teams, die gemeinsam mehr bewirken als die Summe ihrer Mitglieder.
Wenn das „Wozu“ erstmal geklärt ist, bringen alle Beteiligten sich mit vollem Herzen ein. Heinz Erretkamps zitiert in diesem Zusammenhang gerne A. Schopenhauer: „Was dem Herzen widerstrebt, lässt der Kopf nicht ein.“ Es gilt ein gemeinsames „Wozu“ zu finden, welches das Team, die Projektleitung, die Organisation und vor allem den Kunden begeistert. Ein entscheidendes Prinzip in agilean – dazu weiter unten mehr.
Gemeinsame Werte schaffen Verbundenheit und Vertrauen
„Gnadenlose Transparenz schätzen wir mehr als Reporting“, lautet einer der wichtigsten Werte, auf den sich alle Beteiligten einigen müssen. Das „Wozu?“, das „Was?“ und das „Wie?“ sollte nicht nur den Einzelnen klar sein, sondern zu jeder Zeit jedem Beteiligten. Dazu werden zum Beispiel die „Produktfeatures“, die Ergebnisse, die es braucht, um diese „Features“ zu erschaffen, die genauen Ergebniserwartungen (Definition of Done) sowie die „ToDos“ auf unterschiedlichen Boards visualisiert (vgl. unten unter Tools und Methoden). Die dabei genutzte Form der „Ergebnissprache“ versetzt das menschliche Gehirn in Resonanz mit inneren Bildern. Diese sind für das Erreichen der Ergebnisse erstaunlich hilfreich, weil sich der Mensch dann nicht im Prozess sieht, sondern schon die Emotionen des Ergebnisses fühlt.
Dieses kollaborative Schaffen von Transparenz führt zu einer verstärkten Verbundenheit im Team. Darüber hinaus entsteht für alle Beteiligten ein größeres Vertrauen in den Fortschritt und den Erfolg des Projektes.
Ebenso trägt der Wert „Ergebnisse schätzen wir mehr als Fertigstellungsgrade“ zu mehr Verbindlichkeit und Vertrauen bei. „Welches Ergebnis kannst du bis morgen beisteuern?“ Darin ist ein entscheidendes Prinzip enthalten: das Kleinschneiden von Ergebnissen. Es wird nur das zugesagt (Selbstverpflichtung des Einzelnen), was der Einzelne überschaut. So sollte zum Beispiel eine typische Aufgabe nicht länger als vier Stunden Arbeit in Anspruch nehmen. Wie viele solcher Aufgaben kannst du in den nächsten zwei Wochen erledigen? Damit ist wieder ein überschaubarer Zeitabschnitt (Sprint, zwei Wochen) definiert und durch die Ergebnissprache versetzt sich der Einzelne emotional in sein zugesagtes Ergebnis.
Prinzipien schätzen wir mehr als Prozesse
Und spätestens hier fragt sich vielleicht der eine oder andere, was sind denn jetzt Prinzipien im Vergleich zu den oben genannten Werten. Die Werte kommen schon nicht wie typische Werte (Selbstbestimmtheit, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit usw.) daher und jetzt Prinzipien? Zum einen ist der Übergang sicher fließend und soll hier nicht trennscharf betrachtet werden. Zum anderen findet, ausgehend vom Menschenbild, im agilean Ansatz der Versuch statt, die Ganzheitlichkeit mit einer von innen nach außen abnehmenden Gewichtung zu versehen. Es reicht eben nicht einen agilen Handlungsrahmen mit ein paar Tools und Methoden zu implementieren.
Ein Prinzip, mit dem sich agilean von anderen agilen Ansätzen unterscheidet, ist der hohe Anspruch an die Ausgewogenheit der Perspektiven. Was heißt das? Wie bei der Frage nach dem Sinn schon angedeutet, steht der Kundennutzen nicht allein im Fokus. Das Projekt muss auch für die Organisation und das Team sinnstiftend sein. Deshalb gibt es für die Projektsteuerung im agilean Ansatz „Mandate“ für einen Product Owner „Markt“, der die Kundensicht vertritt, für einen weiteren, der die Organisationssicht „Business“ und einen dritten, der die fachliche Expertise „Technik“, die oft aus dem Team kommt, einbringt. Diese drei Product Owner bilden ein Team, das das vorrangige Mandat hat, sich auf Ergebnisse sowie deren spezifische Eigenschaften zu einigen und diese gegenüber den Auftraggebern im gesamten Projekt zu verantworten. Sie haben damit eine „Überblicker-Funktion“ für das Projekt.
Und so gibt es eine Reihe von weiteren Prinzipien wie zum Beispiel: Halte den Aufwand schlank – so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Oder das Pull Prinzip: Mache den Stand deiner Beiträge für alle sichtbar und versorge dich selbst stetig mit Arbeit.
Praktiken fördern die tägliche Zusammenarbeit
Unter Praktiken werden im agilean Ansatz unter anderem verschiedene Zeremonien verstanden, die teilweise aus anderen Handlungsrahmen bekannt sind. Dazu gehören zum Beispiel die rollierende Planung alle zwei Wochen im „Sprintplanning“ und im „Konklave“. Die tägliche Abstimmung des Teams im „Daily StandUp“ sowie ein kontinuierlicher Lern- und Verbesserungsprozess in der Retrospektive, die alle zwei Wochen stattfindet.
In allen komplexen Projekten nimmt die Unsicherheit mit der Zeit exponentiell zu, welche Ergebnisse, wie und wann erreicht werden. Eine vorhersagbare lineare Planung ist unbrauchbar. Eine weitere essentielle Praktik liegt deshalb im regelmäßigen „Kleinschneiden“ von angestrebten Ergebnissen, die das Team liefern soll. Im agilean Ansatz dauert kein (Teil-)Projekt länger als 12 Wochen. Diese Zeitspannen werden als „Stages“ bezeichnet. Ein Zeitraum von einem viertel Jahr können Menschen noch einigermaßen überblicken. Innerhalb der Stages liegen 6 Sprints, die jeweils zwei Wochen umfassen. Beim „Sprinplanning“ schneiden die Teammitglieder ihre zu liefernden Ergebnisse in Arbeitseinheiten von etwa 4 Stunden. Dieses Vorgehen gibt die größte Gewissheit, dass die zugesagten Ergebnisse vom Einzelnen geliefert werden können.
Mit den Praktiken wird gewährleistet, dass das Team jeden Tag die richtigen Dinge mit Freude gemeinsam richtig macht.
Tools und Methoden – die Zusammenarbeit vereinfachen
Eines der zentralen Tools ist die intensive Nutzung von einer speziellen Art Kanban-Boards. Das oben erwähnte kollaborative Schaffen von Transparenz findet zum Beispiel beim Planen des Ergebnisszenarios am sogenannten „Stage Result Board“ statt. Ausgehend von einer „Feature-List“ des Produktes oder der Dienstleistung, in der der Nutzen in Form einer „Geschenkmetapher“ beschrieben ist, werden sukzessive die benötigten Ergebnisse auf Haftnotizzetteln notiert und auf die einzelnen Zeiträume verteilt.
Hierbei ist wieder das Pull-Prinzip entscheidend. Das bedeutet, die zentrale Frage nach dem „Wozu“ wird an den Boards dadurch transparent, dass sich jeder jederzeit die Frage stellen kann, welches der Ergebnisse „zahlt“ auf welchen Teil unseres „Geschenkes“ ein und was genau ist als Nächstes zu tun.
Beim Sprintplanning werden auf dem sogenannten „Sprint Task Board“ die gewünschten Ergebnisse und deren Qualitäten priorisiert dargestellt. Diese Form der Visualisierung gibt Überblick und den Anlass, über das gemeinsame Ziel Verständnis zu erlangen. Nach Abstimmung zwischen dem Product Owner Team und dem Team über die spezifischen Qualitäten der Ergebnisse, müssen die Teammitglieder ihre Beiträge in der oben genannten Weise so klein schneiden, dass sie selbst die Gewissheit haben, diese Ergebnisse innerhalb der nächsten zwei Wochen liefern zu können. Die am Ende des Sprintplannings durch den „Daumen hoch“ (thumbs up) signalisierte Selbstverpflichtung (Commitment) ist eine wirksame Methode, mit der auf einfache Weise Gleichgestimmtheit im Team hergestellt werden kann. Solange nicht alle Daumen oben sind, ist die Planung nicht abgeschlossen.
Umgang mit Komplexität – der agilean Ansatz hilft Projekte fertig zu bringen
Zurück zum Ausgangspunkt: Warten Sie nicht darauf, bis Ihr Projekt wie eingangs geschildert in einen festgefahrenen Zustand gerät. Sicher, große Schmerzen sind ein oft genutzter Befund für Veränderungen, und es geht auch anders. Versuchen Sie selbst wahrzunehmen, ob es bei Ihrer Arbeit vermehrt Situationen gibt, die nicht vorhersagbar sind. Komplexe Projekte brauchen eine andere Art des Arbeitens und des Steuerns. Vielleicht hat Ihnen dieser kurze Streifzug durch die agilean Welt einen für Sie passenden Eindruck vermittelt, um darüber mehr zu erfahren.
Mehr Informationen zu agilean finden Sie auf folgenden Webseiten:
https://www.agilean.de/ (Umfangreiche Informationen zum agilean Ansatz)
https://www.heinzerretkamps.de/ (Website von Heinz Erretkamps, Gründer von agilean)
https://lacobe.de/agilean-trainings/ (LACOBE agilean Center – Einführung und Trainings)
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