Wenn Strategie auf Widerstand trifft
Sie kennen das: Sie haben eine brillante Strategie entwickelt, die den Weg in eine erfolgreiche Zukunft ebnet. Doch trotz aller Mühen und Ressourcen scheint sich im Unternehmen kaum etwas zu bewegen. Die Umsetzung stockt, Entscheidungen werden verzögert, und die Mitarbeitenden wirken blockiert. Was ist hier los? Die Antwort liegt oft nicht in der Strategie selbst, sondern in einem unsichtbaren Faktor, der alles durchdringt: der Unternehmenskultur.
Viele C-Level-Führungskräfte im Mittelstand spüren diesen Widerstand, können ihn aber nicht klar benennen. Sie fragen sich: „Warum bremst uns etwas, das wir nicht greifen können?” Genau hier setzt dieser Beitrag an. Wir entlarven das Missverständnis um das berühmte Zitat „Culture eats strategy for breakfast” und zeigen, wie Sie Kultur und Strategie nicht als Rivalen, sondern als untrennbares Team verstehen und gestalten können. Denn nur wenn beide aufeinander abgestimmt sind, entsteht eine unaufhaltsame Kraft, die Ihr Unternehmen voranbringt.
„Culture eats strategy for breakfast” – Ein oft missverstandenes Zitat
Das Zitat „Culture eats strategy for breakfast” wird häufig als Warnung verstanden: Egal wie gut die Strategie ist, die Kultur wird sie immer überrollen. Diese Sichtweise erscheint ungenau und zu vereinfacht. Peter Drucker, dem das Zitat zugeschrieben wird, wollte darauf hinweisen, dass Kultur nicht ein weicher Faktor ist, den man ignorieren kann, sondern das Betriebssystem eines Unternehmens – die Grundlage, auf der jede Strategie läuft.
Stellen Sie sich vor, Ihre Strategie ist eine neue App, die Sie auf Ihrem Computer installieren möchten. Wenn das Betriebssystem veraltet oder fehlerhaft ist, wird die App nicht richtig funktionieren, egal wie gut sie programmiert ist. Genauso ist es mit der Unternehmenskultur: Ohne ein kompatibles Betriebssystem bleibt jede Strategie wirkungslos.
Diese Perspektive fordert Sie heraus, Kultur nicht als Hindernis, sondern als Hebel zu begreifen. Wie erleben Sie das Zusammenspiel von Strategie und Kultur in Ihrem Unternehmen? Gibt es Momente, in denen Sie spüren, dass die Kultur Ihre Strategie „frisst” – oder vielleicht auch nährt?
Unternehmenskultur sichtbar machen – Die unsichtbaren Spielregeln entschlüsseln
Um Kultur gezielt zu gestalten, müssen Sie sie zunächst sichtbar machen. Unternehmenskultur besteht nicht nur aus sichtbaren Elementen wie Dresscode oder Bürogestaltung, sondern vor allem aus den unsichtbaren Ebenen: den Werten, den Ängsten und den Grundannahmen, die das Verhalten prägen.
Edgar Schein beschreibt Kultur als ein dreischichtiges Modell (Schein, 2010):
- Artefakte: Sichtbare Strukturen und Prozesse, z. B. Rituale, Sprache, Architektur
- Werte: Bewusste Überzeugungen, z. B. Teamwork, Kundenorientierung
- Grundannahmen: Unbewusste, tief verwurzelte Überzeugungen, z. B. Vertrauen in die Eigenverantwortung
Viele Unternehmen kennen ihre Artefakte, doch die Grundannahmen bleiben oft „blinde Flecken”. Methoden wie Kulturdiagnosen, Storytelling oder gezielte Mitarbeiterbefragungen helfen, diese Ebenen zu erfassen und zu verstehen.
Ein Mittelständler, den ich begleitet habe, entdeckte durch eine Kulturdiagnose, dass eine tief verwurzelte Angst vor Fehlern die Innovationskraft lähmte – ein Grundproblem, das bisher nicht benannt war. Erst als dieses unsichtbare Muster sichtbar wurde, konnten gezielte Maßnahmen eingeleitet werden.
Welche Rituale, Geschichten oder Tabus prägen Ihren Unternehmensalltag? Wo könnten sich „blinde Flecken” verbergen, die Ihre Strategie bremsen?
Strategie und Kultur in Einklang bringen – Vom Gegeneinander zum Miteinander
Die Forschung zeigt, dass erfolgreiche Veränderungsprozesse bestimmte Strategien gemeinsam haben. Eine umfassende Analyse von 16 Change-Management-Modellen identifizierte 15 zentrale Strategien, wobei klare Kommunikation über die Veränderung, offene Unterstützung durch die Führung und Fokus auf Kulturwandel die häufigsten Erfolgsfaktoren darstellen (Pollack & Pollack, 2015). Diese Erkenntnisse unterstreichen, dass Kultur und Strategie nicht getrennt betrachtet werden können.
Schritt 1 – Gemeinsames Zielbild entwickeln
Die Basis für die Synchronisation von Kultur und Strategie ist ein gemeinsames Zielbild, das Vision und Werte klar verbindet. Dieses Zielbild darf nicht von oben diktiert werden, sondern muss die Mitarbeitenden aktiv einbinden. Nur so entsteht echtes Commitment und Identifikation.
Schritt 2 – Kulturelle Hebel identifizieren
Welche Verhaltensweisen fördern Ihre Strategie? Welche stehen ihr im Weg? Eine kulturelle Stärken-Schwächen-Analyse oder regelmäßige Feedbackrunden helfen, diese Hebel zu identifizieren. Dabei geht es nicht um Schuldzuweisungen, sondern um systemische Zusammenhänge.
Schritt 3 – Kulturarbeit konkret machen
Kulturwandel ist keine schnelle Reparatur, sondern eine Neuprogrammierung des Betriebssystems. „Quick Wins” und symbolische Handlungen können erste Impulse setzen, etwa die Anpassung von Entscheidungswegen oder die Einführung neuer Kommunikationsrituale. Wichtig ist, Routinen zu verändern, die Kultur prägen.
Die Metapher der „Neuprogrammierung” verdeutlicht: Sie können Kultur nicht einfach „updaten”, sondern müssen Menschen befähigen, ihre inneren Überzeugungen und Werte selbst neu zu gestalten.
Die Rolle der Führung – Kulturarchitekt statt Kulturpolizei
Führungskräfte sind die entscheidenden Kulturarchitekten. Ihre Haltung wirkt wie ein Hebel, der Kulturwandel beschleunigt oder blockiert. Kontrolle und Anordnung reichen nicht aus; es braucht Vorleben, Vertrauen und eine gelebte Fehlerkultur.
Change-Management-Studien belegen, dass die Unterscheidung zwischen Leadership und Management sowie offene Unterstützung durch die Administration zu den kritischsten Erfolgsfaktoren gehören (Hiatt, 2006; Kotter, 2012). Führungskräfte müssen dabei sowohl als Visionäre als auch als Enabler agieren.
Ein Praxis-Tipp: Peer-Coaching und regelmäßige Reflexionsformate im Führungsteam stärken die gemeinsame Haltung und ermöglichen kontinuierliches Lernen. Führungskräfte werden so zu Gestaltern einer Kultur, die Veränderung als Chance begreift.
„Führung ist weniger ein Amt, als eine Haltung – die Haltung, Kultur bewusst zu formen und zu leben.”
Praxisbeispiel – Wie ein Unternehmen Strategie und Kultur synchronisiert hat
Ein mittelständisches Industrieunternehmen stand vor der Herausforderung, eine digitale Transformation umzusetzen. Die Strategie war klar, doch die Mitarbeitenden waren skeptisch und zögerten, neue Arbeitsweisen anzunehmen.
Durch eine Kulturdiagnose wurden tief verwurzelte Ängste und alte Muster sichtbar. Im nächsten Schritt entwickelte das Führungsteam gemeinsam mit den Mitarbeitenden ein neues Zielbild, das digitale Innovation mit den traditionellen Werten verband.
Symbolische Handlungen wie ein „Digitaltag”, offene Feedbackrunden und ein neues Wertschätzungssystem für Innovationsideen veränderten die Kultur Schritt für Schritt. Diese Maßnahmen spiegeln die in der Forschung identifizierten Erfolgsfaktoren wider: Wertschätzung neuen Verhaltens, Einbeziehung der Mitarbeitenden in Veränderungsentscheidungen und Generierung kurzfristiger Erfolge (Lewin, 1951; Nadler & Tushman, 1997).
Heute ist das Unternehmen nicht nur digitaler, sondern auch agiler und resilienter – ein lebendiges Beispiel, wie Kultur und Strategie sich gegenseitig beflügeln.
Fazit – Die unaufhaltsame Kraft von Strategie UND Kultur
Eine brillante Strategie scheitert zwangsläufig, wenn die gelebte Kultur sie nicht unterstützt. Doch wenn beide aufeinander abgestimmt sind, entsteht eine unaufhaltsame Kraft, die Ihr Unternehmen voranbringt.
Wo stehen Sie heute mit Ihrer Kultur-Strategie-Synchronisation? Welche inneren Überzeugungen und Werte prägen Ihr Betriebssystem? Nutzen Sie die Chance, nicht nur Prozesse, sondern vor allem Menschen zu befähigen, gemeinsam Zukunft zu gestalten.
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Quellenverzeichnis
Hiatt, J. (2006). ADKAR: A model for change in business, government and our community. Prosci Learning Center Publications.
Kotter, J. P. (2012). Leading change. Harvard Business Review Press.
Lewin, K. (1951). Field theory in social science: Selected theoretical papers. Harper & Row.
Nadler, D. A., & Tushman, M. L. (1997). Competing by design: The power of organizational architecture. Oxford University Press.
Pollack, J., & Pollack, R. (2015). Using Kotter's eight stage process to manage an organisational change program: Presentation and practice. Systemic Practice and Action Research, 28(1), 51-66.
Schein, E. H. (2010). Organizational culture and leadership (4th ed.). Jossey-Bass.
Bildquelle: Titelbild mit Perplexity Labs und dem Blogtext als Kontext erzeugt.
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